W. Gabriel
Am Abend vor seinem Leiden, besonders aber während des
Abendmahs, als Er das Sakrament der heiligen Eucharistie einrichtete, breitete
Jesus seine Liebe über die Menschen aus in einer Weise, die kaum zu denken ist.
Erstens  betrübt
sich Jesus, als Er das Verrat eines Jüngers vorsieht (Joh. 14, 21). Dann nennt
Er seine Jünger „kleine Kinder“ und bei der Abschiedsrede wiederholt Er
ausdrucksvolle Zeichen der Liebe: „
Wie
mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner
Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben…“
(Jo 15, 9).
Was danach folgte – das Verrat des Judas Iskariots, die
Angst auf dem Ölberg, die ungerechte Verurteilung, der Leidensweg, die
Entkleidung, die Kreuzigung, der Tod auf dem Kreuz – brachte zu einer
ungeahnten Höhe die Beweise der Liebe Jesu zu den Menschen.
Durchbohrt durch eine Lanze, sein Herz ließ Blut und
Wasser fliessen, ein allerletzter Beweis seiner Liebe. Aus dem Wundmal der
Seite Christi entsteht auch die Verehrung seines Heiligsten Herzens, verletzt
wegen unserer Sünde. 
Deshalb bestehen die Gedanken des Heiligsten Herzens
Jesus im Laufe der Menschheitsgeschichte, von Geschlecht zu Geschlecht, fort,
um die Seelen vor dem ewigen Tod zu schützen und ihnen die Nahrung zu geben,
wie es im Introitus der Herz-Jesu-Festmesse gesagt wird.
***
Durch geheimnisvolle und unergründliche Gottespläne,
blieb die Herz-Jesu-Verehrung bis Anfang des modernen Zeitalters eher diskret,
als sich die ersten Zeichen der Dekadenz des Mittelalters durch die Renaissance
bemerkbar machten.
Die Renaissence bedeutete u.a. eine Rückkehr zum
Heidentum. Im Zeitalter des Humanismus neigte der Mensch dazu, sich selbst zum
Gott zu machen. Der Protestantismus predigte Ungehorsamkeit gegen die Autorität
der Kirche, wenn nicht sogar gegen das göttliche Gesetz – „pecca fortiter“,
sagte einmal Luther. Dies sind einige Elemente der ersten großen Revolution,
die das christliche Abendland erschüttert hat. Symbolisch gesehen fanden sie
zwischen dem Attentat von Anagni (1303) gegen Papst Bonifatius VIII. und der
Thesenanschlag von Wittenberg (1517) statt.
Infolgedessen haben Stolz und Sinnlichkeit das Herz der
Menschen verhärtet. Nichtsdestotrotz beginnt im Laufe dieser Periode die
Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu an Kraft zu gewinnen und sich zu
verbreiten, obwohl sie schon in den vorherigen Jahrhunderten existierte.  Die heilige Mechthild von Magdeburg, die
heilige Gertrud von Helfta, Johannes Tauler, Dominik von Trier, um nur diese zu
nennen, waren eifrige Verehrer des Heiligsten Herzens.
***
Im Jahre 1510 schrieb ein Münchner Priester eine Anthologie
von Gebeten und Betrachtungen über das Leben und Leiden Unseres Herrn. In der
Meditation über das Wundemal der Seite Christi, entstanden durch die Lanze des
Soldaten, entwickelt er sowohl schöne Gedanken über die Heilskraft des Erlösers
Blutes und des reinigenden Wassers wie auch über die Kirche, die symbolisch aus
der Seite Christi geboren wie Eva aus der Seite Adams erschaffen wurde.
Wer von dieser göttlichen Wasserquelle, die aus dieser
großen Wunde hervorsprudelt, trinkt, wird gerettet. Dazu schreibt dieser
frommer Priester: „Es genügt ein Tropfen dieser heiligen Quelle, und alle
Leiden und Trübsal verschwinden… Wohlan, arme Seele, gehe in die Wunde der
rechten Seite deines gekreuzigten Meisters ein… Suche in der Grotte dieses
Felsens eine Zuflucht gegen die Sorgen und Getümmel der Welt… Christliche
Seele, trinke einen aus dieser reinen Quellen sprudeldenTropfen! Der Herr sagt
uns: „Mein Kind, gib mir dein Herz!“ 
Dein Herz und nichts anderes. Dein Herz ist das schönste Geschenk, das
du Ihm geben kannst.“
Diese Überlegungen stehen im Zentrum der
Herz-Jesu-Verehrung. Denn das Herz ist ein Symbol des Willens und der Liebe.
Wir beten das Herz Jesu an, weil es in sich anbetungswürdig ist. Und in der
Kommunion kommt Er zu uns. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Im Sakrament der
Eucharistie  können wir zur Fülle der
Verbindung gelangen, die der Gottmensch mit uns haben will.
„Mein Kind, gib mir dein Herz!“ Er gibt uns sein
göttliches Herz und im Gegenzug möchte Er unser Herz, das so viel Elend und
Sünden trägt. Warum sollten wir dieser göttlichen Bitte nicht entsprechen? Denn
hier liegt die beste Art und Weise, um das erste und das größte aller Geboten
zu praktizieren: „Gott über alles zu lieben“.
„ Dazu habe ich keine Kraft“,  könnte man einwenden.
Maria, Mutter Christi, stand mit Schmerzen bei dem
Kreuz…  Sie ist unsere Fürsprecherin, wie
sie es war für den heiligen Johannes, der vor Angst die Flucht ergriffen hatte.
Er kam aber zurück und stand mit Maria bei dem Kreuz. Der gekreuzigte Herr sah
ihn und sagte: „Siehe, deine Mutter!“ 

  

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