Deutschland braucht einen neuen hl. Bonifatius |
Mathias von Gersdorff
Lehramtstreue deutsche Katholiken sind schon seit langem Kummer gewohnt. Doch selten kam aus den obersten Stellen, also von den Bischöfen selbst, in geballter Form so viel Respektlosigkeit für Tradition und Lehramt:
1. Anfang des Jahres forderte Franz-Josef Bode, Bischof von Osnabrück und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, die Einführung von Segnungen für homosexuelle Paare.
2. Ende Januar drückte sich Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München-Freising und Vorsitzender der Bischofskonferenz, lobend über die Beratungsarbeit von Donum Vitae, obwohl diese Beratungsstellen einen sog. Beratungsschein ausstellen, der Abtreibungen ermöglich. Donum Votae hatte sich aus Protest gegen den Ausstieg der katholischen Kirche aus dem staatlichen Schwangerschaftsberatungssystems gegründet.
3. Schließlich plädierte Kardinal Marx für Segnungen homosexueller Paare „im Einzelfall“. Damit wird klar, das Kardinal Marx die traditionelle Lehre der Kirche über Sexualität, Ehe und Familie ablehnt.
Auf diese Weise präsentiert sich die katholische Kirche als chaotisch und zerstritten der Öffentlichkeit. Teile leben im Zustand der Daueropposition zum traditionellen Lehramt der Kirche und vermitteln den Eindruck, das eminent Katholische sei ihnen lästig.
Dieses Bild hat weitgehende und fatale Konsequenzen für das Wirken der Kirche. Der fortlaufende und zahlenmäßig dramatische Verlust an Mitgliedern ist nur eine der Folgen dieses traurigen Zustandes.
Hier sollen die wichtigsten Folgen des bedauerlichen Bildes skizziert werden, das manche Bischöfe zurzeit von der Kirche hierzulande geben.
1. Der notorische Drang zu theologischen Experimenten und die Dauerkritik am katholischen Lehramt vermitteln vielen der Eindruck, dass in der katholischen Kirche nichts wirklich Bestand hat. Alles ist einer immerwährenden Diskussion unterworfen, wobei die heterodoxesten Positionen salonfähig sind. Keine Institution, die sich so der Öffentlichkeit präsentiert, kann damit rechnen, dass die Menschen ihr Glaubwürdigkeit zuschreiben. Ganz im Gegenteil: Was zurzeit in der katholischen Kirche Deutschlands gilt, hängt nicht davon ab, wer die Wahrheit vertritt, sondern wer die Macht hat. Gegenwärtig sind es eben ultra-Progressisten wie Kardinal Marx, die alles umkrempeln wollen. Und keiner im Episkopat scheint den Mut zu haben, Widerstand zu leisten.
2. Mit dem Mangel an Glaubwürdigkeit kann die katholische Kirche in Deutschland nicht glauben, Einfluss in den wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Debatten zu haben. Wer interessiert sich beispielsweise noch, was die katholischen Bischöfe zu bioethischen Fragen, gesellschaftspolitischen Themen wie die sog. „Homo-Ehe“ meinen. Dadurch, dass die Kirche selbst in den eigenen Reihen kaum noch die Lehre der Kirche über Sexualität, Ehe und Familie (also die „heißen Eisen“) verkündet, ist ihre Botschaft auch außerhalb und insbesondere in der politischen Debatte wirkungslos geworden. Gegenwärtig wird die katholische Kirche in Deutschland noch am ehesten wahrgenommen, wenn sie Positionen anderer gesellschaftlicher Gruppe übernimmt, wie etwa die umweltpolitischen Positionen der Grünen. Doch in keinem Feld besitzt sie noch die Deutungshoheit.
3. Der fehlende politische Einfluss wäre zu verschmerzen, wenn die katholische Kirche in Deutschland noch die Fähigkeit zur Mission haben würde. Das Evangelium zu verkünden, die Lehre des Heils durch Jesus Christus den Menschen zu bringen, den katholischen Glauben zu verbreiten: Das sind die Kernaufgaben der Kirche. Doch der Progressismus mit seinen absurden theologischen Aussagen verdunkelt die eigentliche Botschaft der Kirche. Das war übrigens der Hauptgrund, wieso Papst Johannes Paul II. den Ausstieg aus dem staatlichen Schwangerschaftskonfliktberatungssystems anbefohlen hat. Die Teilhabe am staatlichen Tötungssystem verdunkelte die Botschaft des Evangeliums und erschwerte dadurch den Menschen, in der Kirche die Vermittlerin des Heiles Christi zu erkennen.
4. Insgesamt verliert die Kirche ihre Fähigkeit, die Welt zu prägen. Ihre alte Prägekraft bezüglich des Lebensstils der Menschen, in der Kunst und Architektur, in der Philosophie und Literatur, im gesellschaftlichen Umgang etc. geht verloren. Fast nichts davon ist mehr übrig. Die frühere Prägekraft der Kirche kann man noch in den alten Kirchen oder in der sakralen Kunst in den Museen bewundern. Aber das Leben hier und jetzt sucht sich andere Leitbilder.
5. Eigentlich an erster Stelle müsste in dieser Auflistung die Fähigkeit zur spirituellen Erneuerung der Gesellschaft genannt werden, das heißt, die Vermittlung der Gnade Christi als Voraussetzung der Gesundung der Gesellschaft. Sicher, die Kirche erteilt noch die Sakramente und diese haben eine effektive Wirkung in den Menschen und damit auch einen Einfluss auf die Gesellschaft. Doch diese Wirkung bleibt gering aufgrund der oben genannten Gründe.
Die Situation der Kirche ist äußerst bedrohlich. Deutschland befindet sich in einem Dekadenzprozess, der aufzuhalten zu sein scheint. Deutschland braucht in dieser Situation keine Bischöfe, die absurde neumodische Ideen übernehmen und in der Kirche anwenden wollen. Nein, Deutschland braucht Heilige – Kleriker und Laien – die mit dem Eifer eines heiligen Bonifatius wirksam sind. Die Menschen für die Botschaft Christi zu öffnen und zu begeistern.