Inmitten des Zweiten Weltkrieges, im Angesicht außerordentlicher
Gefahren für die Kirche, materieller Zerstörungen und gewaltiger
sozio-politischer  Umwälzungen, lud Plinio Correa de Oliveira, damals
Präsident der Katholischen Aktion des Erzbistums Sao Paulo, Brasilien,
alle Ereignisse aus der Perspektive des Göttlichen Herzen zu betrachten.
Die Meditation hat eine erstaunliche Aktualität bewahrt.
 

Immer wieder haben die Päpste empfohlen, die Menschheit möge die
Verehrung, die sie dem Heiligsten Herzen Jesu erweist, verstärken, damit, die
Menschen durch die Gnade Gottes erneuert und wissend, dass Gott das Zentrum
ihrer Liebe sein muss, auf Erden wieder diese Ruhe der Ordnung herrsche, von
der wir uns immer weiter entfernen, je mehr die Welt in die Anarchie fällt.
      So kann eine
katholische Zeitung auch nicht das vor kurzem gefeierte Fest des Heiligsten
Herzen Jesu unbeachtet vorübergehen lassen. Es ist nicht nur eine durch die
Frömmigkeit normale auferlegte Pflicht. Es geht hier mehr als um eine Pflicht,
die die gegenwärtige erschütternde Lage der Welt dringend von uns erfordert.
      Es gibt wohl
niemanden, der sich nicht beunruhigt fühlt durch die äußersten Grausamkeiten,
zu die der heutige Mensch gelangen kann. Diese Grausamkeiten sehen wir nicht
nur auf den Kriegsschauplätzen. Wir sehen sie auf jeden Schritt in den kleinen
und großen Zwischenfällen unseres täglichen Lebens, wie allgemein die Menschen
mit kaltem und hartem Herzen mit ihren Nächsten umgehen.
      Es sind Mütter, in
deren Gemüt die Stärke der Hingabe und Liebe zu ihren Kindern abnimmt; es sind
Ehegatten, die die gesamte Familie ins Unglück fallen lassen, nur weil sie
ihren eigenen Instinkten und Leidenschaften nachgehen; Kinder, die gleichgültig
gegenüber dem Elend oder der moralischen Verlassenheit ihrer Eltern, sich dem
Genuss der Lustbarkeiten des Lebens hingeben; Unternehmer, die sich auf Kosten
ihrer Angestellten bereichern, legen oftmals eine kalte und berechnete
Grausamkeit an den Tag, richten ein viel größeres Unheil an, als die Wut, zu
der sich die Kämpfenden in einem Krieg hinreißen lassen können. Wenn man auch
die Grausamkeiten eines Krieges leichter erfassen kann, so haben doch die, die
sie verüben wenn nicht eine Entschuldigung, doch wenigstens den mildernden
Umstand, dass sie herausgefordert werden durch die Heftigkeit des Kampfes. Doch
was in der Ruhe des täglichen Lebens ausgeheckt wird und sich abspielt, kann
nicht immer diese mildernden Umstände genießen. Vor allem wenn es sich nicht um
Einzeltaten handelt, sondern um eingefleischte Gewohnheiten handelt, die die
schlechten Taten ins unendliche vermehren.
      Kriege, die heute
geführt werden, verursachen einen hohen Grad an Grausamkeit. Sie sind aber
längst nicht der einzige Ausdruck der gegenwärtigen moralischen Härte.
      Wer von Grausamkeit
spricht, spricht von Egoismus. Der Mensch schädigt seinen Nächsten aus
Eigennutz, weil er Vorteile genießen will, zu denen er kein Anrecht hat. So
besteht das einzige Mittel, um die Grausamkeiten zu besiegen, die Selbstsucht
zu vertilgen.
      Nun lehrt uns aber
die Theologie, dass der Mensch nur zu einer echten und vollständigen
Selbstlosigkeit fähig ist, wenn seine Nächstenliebe auf die Liebe Gottes
begründet ist. Ohne Gottesliebe gibt es keine beständigen und keine vollkommene
menschliche Liebesbeziehungen. Oder liebt der Mensch Gott bis zur
Selbstvergessenheit, und dann ist er in der Lage seinen Nächsten wirklich zu
lieben; oder der Mensch liebt sich selbst bis zur Gottvergessenheit, dann aber
wird er von seiner Selbstsucht gänzlich beherrscht.
      So kann man nur
durch die Vergrößerung der Gottesliebe bei den Menschen ein tiefes Verständnis
ihrer Pflichten gegenüber dem Nächsten erreichen. Der Kampf gegen den Egoismus
ist eine Aufgabe, die notwendigerweise die, wie sich  der hl. Augustinus so schön ausdrückt,
„Erweiterung der Räume für die Gottesliebe“ mit sich bringt.
      Das Fest des
Heiligsten Herzen Jesu ist aber auf vorzüglicher Weise das Fest der Liebe
Gottes. Die Kirche empfiehlt uns an diesem Fest die zärtliche und
unveränderliche Liebe Gottes, der Mensch geworden und für uns gestorben ist, zu
betrachten und sie zum Ziel unserer Gebete machen. Indem sie uns das brennende
Herz Jesu mit einer Dornenkrone, mit der wir es durch unsere Verfehlungen
umwinden, öffnet die Kirche uns die Voraussicht einer barmherzigen weiten
Vergebung, einer unendlichen und vollkommenen Liebe, einer vollständigen und
reinen Freude, welche die beständige Wonne des geistlichen Lebens aller wahren
Katholiken sein soll.
      Lieben wir das
Heiligste Herz Jesu! Bemühen wir uns, das diese Andacht in allen Wohnungen, in
allen Bereichen und vor allem in allen Herzen wirklich (nicht nur durch einige
Symbole) triumphiere. Nur so wird es uns gelingen die Menschen umzuwandeln.
      “Ad Jesum per
Mariam”. Durch Maria kommen wir zu Jesus. Da wir über das Herz Jesu schreiben,
wie können wir nicht ein Wort kindlicher Innigkeit über jenes Unbefleckte Herz
sagen, das besser als jedes andere den göttlichen Erlöser verstand und liebte?
Möge die Muttergottes uns einige Funken Ihrer großen Verehrung zum Heiligsten
Herzen Jesu erlangen. Möge sie in uns ein wenig von diesem Feuer der Liebe
entzünden, in dem ihr Herz so eindringlich brannte. Das sind unsere Wünsche in
dieser milden und trostreichen Oktav des Herz Jesu Festes.
Quelle: Legionário, N.º 458, 22. Juni de 1941

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