Paradoxerweise im Frankreich des 19 Jahrhunderts entwickelte sich mit immer größerer Stärke die Idee, daß Jesus Christus über die Herzen aller Menschen herrschen und über diesen Weg eine „Soziale Herrschaft“ entfalten sollte. Paradox dabei ist, daß diese Idee an Kraft just in einer Zeit an Kraft gewann, als der antichristliche Liberalismus und die Feindlichkeit gegen die Kirche die französische Politik dominierten.

Der Laizismus und der positivistische Atheismus breiteten sich immer mehr aus und konnten immer mehr auch die Öffentlichkeit prägen. Eine wahre Feindschaft entstand zwischen denen, die sich für die katholische Religion einsetzen und denen, die die Religion völlig in das Privatleben verdrängen wollten. Viele bemerkten wohl in dieser Auseinandersetzung, daß es sich in Wahrheit um einen regelrechten Kulturkampf ging: Sollte das gesellschaftliche Leben vom Geist des Christentums beseelt werden oder vom Laizismus und dem Atheismus. Ist die Problemstellung erstmal so formuliert, ist es bis zu der Idee einer sozialen Herrschaft Christi nicht weit.

In Frankreich verbreitete sich seit dem Ende des 17ten Jahrhunderts die Herz-Jesu in der Ausformung entsprechend der Erscheinungen der Hl. Margareta Maria Alacoque aus. Diese betonte die Idee der Sühne und der Buße. Die Weihe, also die vollständige Hingabe dem Herzen Jesu, war die konkrete Devotion, um diese innere Haltung zum Ausdruck zu bringen. In einer Welt, in der der katholische Glaube aber nicht angefochten wurde, galt es nicht als ein Zeichen des katholischen Bekenntnisses, sich dem Herzen Jesu zu weihen. Obwohl es auch Anfeindungen gegen diese Form der Devotion gab, galten sie nicht dem katholischen Glauben an sich, sondern eben dieser konkreten Ausformung.

Nach der Französischen Revolution und dem Vordringen atheistischer Ideen erforderte die Praxis des katholischen Glaubens immer mehr Bekennermut. Als man sah, daß Mächte am Werk waren, die die Kirche verfolgten und das Katholische zerstören wollten, erwachte in vielen ein Geist des Widerstandes, der sich nicht in eine Katakombe zurückdrängen lassen wollte.

Im 19ten Jahrhundert und tief hinein ins 20te Jahrhundert war diese Idee Leitmotiv vieler katholischer Bewegungen, insbesondere derjenigen, die die Herz-Jesu-Verehrung zum Markenzeichen gemacht hatten. Die wichtigste davon war das von Jesuiten ins Leben gerufene Gebetsapostolat (L´apostolat de la Prière) mit dem „Sendboten des Herzens Jesu“ (Messager du Cœur de Jésus – Bulletin mensuel de L´Apostolat de la Prière), von dem in diesem Mitteilungsblatt schon berichtet wurde.

Aber es gab weitere, so zum Beispiel seit 1870 die „Societé du Regne Social du Jesus-Christ“ (dt. Gesellschaft des sozialen Reiches Christi) und später auch die „Ligue Universelle du Christ-Roi“ (dt. Universelle Christkönigs-Liga)

Diese Entwicklung blieb nicht auf Frankreich beschränkt, sondern entfaltete sich weltweit. In Deutschland gab es viele Vereine und Bewegungen, die in diesem Geiste ihren Apostolat betrieben und dessen Höhepunkt die Weihe aller Katholiken im Jahr 1875, also im Höhepunkt des „Kulturkampfes“, dem Herz-Jesu-Verehrung war.

Eines der Früchte dieses Geistes war die sog. Herz-Jesu Thronerhebung, die von P. Mateo Crawley-Boevey der Kongregation von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens (Arnsteiner Patres) ins Leben gerufen wurde und Millionen Weihen zu einer weltweiten Massenbewegung wurde.

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