Die Eucharistie hat im
Apostolat zweifelsohne eine substantielle Bedeutung, denn in der Eucharistie
begegnen wir den Heiland selbst. Und durch die Kommunion empfangen wir Ihn, Er
selbst kommt in unsere Herzen um uns zu heiligen und mit ihm eins zu machen.

Im Leben und im Apostolat eines Katholiken, d.h., in unseren Beitrag zum Heil
der Seelen und der Ausbreitung der katholischen Kirche auf diser Welt, muss
deshalb die Eucharistie im Zentrum sein. Doch nicht immer ist es einfach für
uns, dies zu verinnerlichen. Wie soll die Eucharistie unsere Gedanken und
unsere Aktivitäten beeinflussen? Wie sollen wir mit der Gewissheit, dass in der
Kommunion, der Heiland zu uns kommt, unseren Alltag und unser Apostolat gestalten?

An dieser Stelle möchten wir die Gedanken hierzu von Plinio Correa de Oliveira
vorstellen. Er war Anführer der Marianischen Kongregationen und später der
Katholischen Aktion in seinem Heimatland Brasilien, wo diese Bewegungen sehr
groß und einflussreich wurden. Später gründete er die heute noch existierende
Zeitschrift „Catolicismo“. Plinio Correa de Oliveira war stets bemüht, im
Laienkatholizismus ein intensives inneres Leben zu fördern, denn nur durch
diesen konnten wahre apostolische Früchte entstehen. Selbstverständlich muss
die Eucharistie in diesem inneren Leben die allerwichtigste Rolle spielen.
Während der Eucharistischen Woche des Bistums Campos im Jahr 1955 hielt er
hierzu einen viel beachteten Vortrag, dessen Hauptgedanken wir hier vorstellen
möchten.



*    *    *
Es ist dies ein Thema, über das man eine ganze Reihe von Überlegungen
anstellen kann. Die vier Begriffe, aus denen es sich zusammensetzt, sind zwar
alle wichtig, doch unter dem Gesichtspunkt der Genauigkeit und Klarheit sind
sie gleichzeitig äußerst ungleich.
Was verstehen wir denn unter „Welt“ und was sollen wir erst unter
„moderner Welt“ verstehen?
Was ist die Welt?
Im Evangelium ist von der Welt
die Rede. Unser Herr hat sich geweigert, für die Welt zu beten. Und doch haben
die Apostel den Auftrag erhalten, alle Völker zu evangelisieren, und das heißt
doch wohl, die ganze Welt evangelisieren. Was bedeutet eigentlich das Wort
„Welt“?
Umgangssprachlich bezeichnet das Wort Welt den Erdball, auf dem wir
leben. Sie bezeichnet einerseits die ganze Menschheit, aber auch eine bestimmte
Gesellschaft zeitlichen Lebens, die sich in diesem Sinne von der Kirche
unterscheidet. In einem anderen Sinne ist „Welt“ eine Art Reich der Finsternis
und des Teufels. Es entspricht dies nicht eigentlich der zeitlichen
Gesellschaft, sondern dem Bösen, dessen Fürst der Teufel ist, und deshalb sagen
wir auch, dass der Teufel der Fürst dieser Welt ist.
Die verschiedenen Bedeutungen des Wortes „modern“
Modern. Was aber ist modern? In einem gewissen Wortsinn bedeutet
„moderne Welt“ die Welt von heute im Gegensatz zur Welt von gestern. Es muss aber
eingeräumt werden, dass die moderne Welt nicht allein aus modernen Dingen
besteht, denn die ganze menschliche Vergangenheit ist ja auch Teil der modernen
Welt. Gleichzeitig stoßen wir in der modernen Welt auf den Widerschein einer
superneuen, superatomaren Ära, die sich am fernen Horizont  in Richtung Zukunft abzeichnet. Und doch
nehmen wir in der modernen Welt noch das Wetterleuchten der Vergangenheit mit
den Anfängen unserer Zivilisation wahr, die in ihr immer noch glänzen,
fortbestehen und weiterleben. Der gegenwärtige Augenblick, der moderne
Augenblick, dieser Augenblick, in dem ich zu Ihnen spreche, setzt sich also aus
sehr heterogenen Elementen zusammen, die von den Erfahrungen und den bleibenden
Errungenschaften fernster Vergangenheit bis hin zu den Aussichten auf eine
unsichere, ferne Zukunft reichen. So ist das Lebensbild eines Menschen in einem
bestimmten Moment nicht nur das Bild, das er gerade vor Augen hat, sondern auch
das Bild der Aussichten, Pläne und Prognosen, die er in seiner Seele trägt.
Die moderne Welt erscheint uns also als eine Welt voller
widersprüchlicher, gegensätzlicher Aspekte. Da ist die Vergangenheit, aus der
wir kommen und der gegenüber versucht wird, wie wir gleich sehen werden, einen
Gegensatz zu dem Wort „modern“ zu bilden. Und doch ist uns so viel Glorreiches
aus dieser Vergangenheit geblieben! Vor allem aber besitzen wir etwas, das mehr
ist als Vergangenheit, mehr als Gegenwart, mehr als Zukunft, denn es ist
göttlich. Es ist dies die heilige römisch-katholische apostolische Kirche.
Modernität der Kirche
Fast zweitausend Jahre alt, ist die Kirche die jüngste, blühendste,
verheißungsvollste Institution der modernen Welt. Und in einer Zivilisation,
die unter so vielen Aspekten zu zerfallen und sich auf ihren Untergang
zuzubewegen scheint, gibt es nur ein Ding, das nicht vergeht, sondern vielmehr
unbegrenzte Jugend verspricht – das ist die katholische Kirche. In diesem Sinn
des Wortes „modern“, ist sie in allen Zeiten modern. Modern ist sie aus der
göttlichen Seite Unseres Herrn Jesus Christus hervorgegangen. Und modern wird
sie auch noch in den letzten Augenblicken der Menschheit sein, wenn hoch am
Himmel der Menschensohn in all seiner Majestät erscheinen wird.
Eine andere Bedeutung von „modern“
Wenn wir uns aber die Bedeutung von „modern“ etwas genauer ansehen,
werden wir feststellen, dass das Wort oft in einem anderen Sinne gebraucht
wird, nämlich als das, was im Gegensatz zum Hergebrachten steht. Modern ist
dann das, was gerade erst entstanden ist. In diesem Sinne hören Dinge jeden
Augenblick auf, modern zu sein, und andere, moderne Dinge treten an ihre
Stelle. Noch gestern, vorgestern, vor vierzehn Tagen hat man die Kinderlähmung
auf eine bestimmte, moderne Weise behandelt, doch heute schon ist diese
Behandlung überholt, weil man ein besseres, noch wirksameres Vorgehen entdeckt
hat. Damit gehören nun alle vorherigen Behandlungsmethoden der Geschichte der
Medizin an und bilden von dem Zeitpunkt an, als die neue Methode eingeführt
wurde, eine abgestorbene Vergangenheit.
In diesem Sinn ist unsere Epoche so verrückt auf Neuheiten. Sie brüstet
sich, modern zu sein und in der Umgebung einer Unmenge von Neuheiten zu leben,
die es früher nicht gab und die ihr das Kennzeichen der Überlegenheit gegenüber
der Vergangenheit verleihen.
Eine dritte Bedeutung des Wortes „modern“
Das Wort „modern“ besitzt aber noch einen differenzierteren, schwer zu
durchschauenden Sinn, auf den es in unserer Analyse schließlich ankommt.
Man würde nicht behaupten, dass ein Land, in dem die Trennung von Kirche
und Staat herrschte, mit der etwaigen Rückkehr zum System der Einheit von
Kirche und Staat moderner geworden sei. Viele würden jedoch behaupten, dass ein
Land, das von der Einheit zur Trennung von Kirche und Staat übergeht, moderner
geworden sei. Niemand würde behaupten, dass der Übergang vom Scheidungsrecht
zur Untrennbarkeit der Ehe einer Modernisierung gleichkomme. Doch viele meinen,
dass die endliche Einführung des Scheidungsrechts anstelle der Untrennbarkeit
eine Modernisierung sei. Man würde nicht sagen wollen, dass die Erhaltung von
Eliten, die Wahrung eines hierarchischen Aufbaus der Gesellschaft, die Sorge um
die Beibehaltung von Sitten und Gebräuchen, der Bestand von Institutionen, die
die in jeder strukturierten Gesellschaft unentbehrliche hierarchische Ordnung festlegen,
ein typisch modernes Anliegen sei. Man würde vielmehr einwenden, dass derlei
Dinge zur Vergangenheit gehören und dass sich ein moderner Geist eher darum
bemühe, gesellschaftliche und politische Barrieren abzubauen und die
vollkommene Gleichheit anzustreben, die im Kommunismus ihre Verwirklichung
finde, wo sogar wirtschaftliche Gleichheit herrsche.
„Modernität“ – die Seele der heutigen Welt
Nachdem wir so die verschiedenen Bedeutungen des Wortes „modern“
beschrieben haben, können wir uns nun fragen, welche Rolle dieser Modernität
innerhalb der heutigen Welt zukommt.
Und wir könnten sagen, dass die Geisteshaltung, die sich als modern
bezeichnet, wenn sie auch nicht alles für sich eingenommen hat, so doch die
große Antriebskraft ist, die hinter fast allen Ereignissen steckt, denn sie ist
das Hauptmerkmal dieses Moments und die große Gefahr. Es wäre zwar sicher übertrieben,
behaupten zu wollen, dass es in der heutigen Welt nichts als diese erbärmliche
Modernität gebe, doch wäre es ebenso ein Zeichen von Blindheit und Wahnsinn,
bestreiten zu wollen, dass diese erbärmliche Modernität das Kennzeichen und der
Hauptzug dieser Epoche ist, in der wir leben.
Das Heil der modernen Welt
Gewiss stimmt es aber auch, dass es in der mehr und mehr von dieser
Geisteshaltung beherrschten Welt einen gewissen Jemand gibt, die ewig und immer
zugegen ist – es ist dies unser Herr Jesus Christus. Er ist in allen
Tabernakeln dieser Welt gegenwärtig, in den goldenen Tabernakeln der
Heiligtümer der Christenheit; in den ärmlichen Tabernakeln, den verborgenen
Tabernakeln der Länder hinter dem Eisernen- und dem Bambusvorhang. Doch dieser
Jemand, Unser Herr Jesus Christus, dessen Gegenwart nicht mit den Sinnen des
Körpers wahrzunehmen ist,  ist der große
Apostel der heutigen Zeit. Und Er richtet sich stets an die Menschen, zwar in
einer stummen, doch unendlich wirksamen Sprache, nämlich in der Sprache des
Herrn, unseres Gottes. Er spricht zu ihnen fortwährend von der Notwendigkeit, ihr
 Leben auf Gott aufzubauen, seine
Autorität anzuerkennen und sich aus ganzem Herzen zu Gott dem Herrn zu  bekehren.
Früchte der heiligen Eucharistie
Und in dieser schrecklichen modernen Welt geschieht, was immer
geschieht, wenn Gott herausgefordert wird: Gott vermehrt seine Wundertaten, und
während die Frevelhaftigkeit ihrem Höhepunkt zusteuert, nehmen wir wunderbare
Früchte der heiligen Eucharistie wahr, Früchte der Gnade, die dem Apostolat
unvergleichliche Erfolge bescheren. Während sich die Menschen massenweise dem
Vergnügen und dem Laster zuwenden, während sich die Menge dem Bösen gegenüber
schweigend verhält und sich feige abwendet, nimmt überall die Zahl jener Seelen
zu, die in ihrem Streben nach Vollkommenheit, nach uneingeschränkter
Rechtgläubigkeit, nach völligem Gehorsam gegenüber der heiligen Kirche alles
verlassen, auf alles verzichten und sich bereit zeigen, die Lehre der Kirche zu
behaupten, aus Liebe zu dem in der heiligen Eucharistie gegenwärtigen Herrn
Jesus Christus alles zu erleiden und zu besiegen.
Beispiele: Heilige Maria Goretti
In diesem Moment steigt in meiner Erinnerung die engelhafte Gestalt der
heiligen Maria Goretti auf. In einer Zeit, in der sich ein neues Heidentum, das
den ganzen Verfall der modernen Zivilisation zur Schau stellt, gibt dieses
jungfräuliche Mädchen mit aller Entschiedenheit sein Leben hin, weil es nicht
das verlieren will, das es mehr liebt als alles, mehr sogar als sein Leben:
jene Jungfräulichkeit, die man als das wertvollste Geschenk des Lebens zu
schätzen lernt, wenn man ein wirklich eucharistisches Herz besitzt. Die heilige
Maria Goretti ist ein Höhepunkt. Ob dies wohl ein Einzelfall ist?
Die Märtyrer des Tabernakels
In diesem Augenblick erinnere ich mich noch an einen anderen Fall,
welcher sich hinter dem Eisernen Vorhang zugetragen hat und von dem die Zeitung
Osservatore Romano berichtete. Die
Kommunisten hatten in ein Dorf besetzt, in dem es eine katholische Kirche gab.
Nun hatten die Buben des Dorfes gehört, dass die Kommunisten zu einer
bestimmten Stunde in die Kirche eindringen wollten, um den Tabernakel
aufzubrechen und die geweihten Hostien zu schänden. Es wurde Nacht und draußen
hatte es geschneit. Das Mondlicht lag hell auf dem Schnee. Die Stunde des
Überfalls auf die Kirche rückte immer näher. Würde der Herr wieder einmal allein
auf dem Ölberg ausharren müssen? Nein. Drei Buben, die durch ein offenes
Fenster in die Kirche gedrungen sind, wachen bereits stundenlang. Als die
Kommunisten dann die Tür aufbrechen und vordringen, versucht einer der Buben
umsonst, ihnen mit seinen kindlichen Händen den Weg zum Tabernakel zu versperren.
Sie schlagen ihn nieder. Ein zweiter Junge versucht, die Kommunionbank zu verteidigen
und wird ebenfalls ermordet. Der dritte Junge steigt auf den Altar, um den
Tabernakel mit seiner eigenen Brust zu schützen. Doch die Barbaren töten diesen
lebendigen Tabernakel, bevor sie den vergoldeten Tabernakel aufbrechen. Sie
nehmen die geweihten Hostien heraus und schänden sie. Die Hölle jubelt, doch
mehr noch jauchzt der Himmel ob des in der Kirche vergossenen Blutes der drei
kleinen Märtyrer, das bestimmt nicht weniger Ruhm verdient als das der
Märtyrer, die einst in der Arena des Kolosseums ihr Blut vergossen haben.
Der Kampf in der modernen Welt
Damit habe ich Ihnen ein Bild vom Wirken der Eucharistie in der modernen
Welt vor Augen geführt. In dem Augenblick, in dem die Frevelhaftigkeit auf ihren
Höhepunkt gelangt, erreichen auch Gnade und Barmherzigkeit ihren Höhepunkt. Der
Stärke des Lasters und des Bösen setzt Gott die unbezwingliche Stärke des Guten
entgegen. Die katholische Kirche wird über die moderne Welt triumphieren.
Dieser Triumph wird gewiss aus dem gigantischen Aufeinanderprallen der geringen
Kräfte des Guten und der ungeheuren Kräfte des Bösen hervorgehen. Doch
vielleicht werden wir noch  dieses Ereignis
sehen, dass die Kirche einen der größten Siege aller Zeiten davontragen wird,
und es wird dies der Sieg der heiligen Eucharistie sein, dieser Quelle der
Gnaden, die durch die Vermittlung und Fürsprache unserer Lieben Frau für die
Welt offensteht. Mit ihren an den eucharistischen Jesus gerichteten Bitten
erwirkt uns die Gottesmutter die Gnaden, deren wir bedürfen.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert